Woher kommt es, dass hochsensible Kinder oft so ängstlich und unsicher wirken? Nein, nicht alle habe traumatische Erfahrungen hinter sich, obwohl in wissenschaftlichen Kreisen oft auch von Traumata als Auslöser für Hochsensibilität gesprochen wird. Woher kommen also diese Ängste bei hochsensiblen Kindern?
Introversion als mögliche Erklärung
Oft ist es doch so, dass unsere Kinder sich hinter uns verstecken, wenn sie mit anderen Menschen in Kontakt kommen. Viele Kinder sitzen ängstlich in einer Ecke, wenn sie das erste Mal beim Ballett sind oder sie bekommen den Mund nicht auf, wenn sie von fremden Erwachsenen angesprochen werden (was ja traurigerweise oft gleich wieder bedeutet, dass sie schlecht erzogen sind).
Diese Kinder haben nicht wirklich Angst vor diesen Personen, sie sind sich nur noch nicht sicher, wie sie diese einschätzen sollen. Introvertierte Kinder beobachten neue Situationen und Menschen oft sehr lange und intensiv, bis sie den Entschluss fassen, sicher zu sein und sich öffnen zu können. Risiken werden abgewägt und verschiedene Szenarien gedanklich durchgespielt. Das kann wenige Minuten, aber auch mehrere Tage dauern.
Was kannst du tun?
Solchen Kindern sollte man diese Zeit unbedingt zugestehen und sie dabei unterstützen, in Beobachtungsposition bleiben zu können. Dein Kind muss in der ersten Ballettstunde noch nicht mitmachen, es darf auch erst mal mit dir auf der Bank sitzen und zusehen. Wenn es im Gespräch mit Fremden vorerst nicht antworten möchten, dann biete dich als „Dolmetscher“ an und vermittle hier ganz einfach. Wichtig ist, dass du auch klar nach außen transportierst, dass es für dich völlig in Ordnung ist, wenn dein Kind hier mehr Zeit benötigt. Wenn du es in solchen Situationen drängst, erreichst du damit nur, dass es auch bei dir seinen sicheren Hafen verliert.
Angst vor Versagen
Hochsensible Kinder sind meist sehr perfektionistisch veranlagt und haben einen hohen Anspruch an sich selbst. Durch ihre ausgeprägte Vorstellungskraft entstehen in ihren Köpfen oft schon konkrete Bilder davon, wie etwas zu sein hat. Steht dein Kind nun vor einer schwierigen Aufgabe, weiß es meist schon ganz genau, wie das Ergebnis aussehen soll. Ist sein Selbstwert jetzt eher geringgehalten, wird es mit dieser Herausforderung gar nicht erst beginnen, weil es befürchtet, seinen Ansprüchen nicht gerecht werden zu können und zu versagen.
Oft sind es aber auch die Erwartungen von außen, die hier zum Problem werden. Gerade hochsensible Kinder nehmen durch ihre feinen Antennen ganz besonders intensiv wahr, wenn wir ihnen mit einer gewissen Erwartungshaltung gegenübertreten. Eine große Hürde stellt dies oftmals in der Schule dar. Die Lehrerin erwartet von deinem Kind, dass es einen Purzelbaum kann. Nachdem es beim letzten Mal aber von anderen Kindern ausgelacht wurde, machen sich hier neuerlich Versagensängste (und Angst vor der Schmach) bemerkbar.
Was kannst du tun?
Hier ist es wieder enorm wichtig, dein Kind nicht unter Druck zu setzen. Zeige Verständnis dafür, dass diese Aufgabe schwierig aussieht und dass die Möglichkeit besteht, dass es daran scheitern könnte. Mache ihm aber auch klar, dass es das nie erfahren wird, wenn dein Kind es nicht ausprobiert. Vielleicht gibt es für den Anfang auch eine abgeschwächte Form dieser Aufgabe, um sich Schritt für Schritt dem richtigen Ergebnis zu nähern. Erzähle von deinen eigenen Erfahrungen! Wovor hattest du schon einmal Angst und was konntest du Tolles schaffen, weil du es trotzdem versucht hast?